Historische Hofarchitektur im Südburgenland – Begriffserklärung: „Die Gredn“

Da die Bauern ihre Arbeit im Trockenen verrichten wollten und aufgrund der Tatsache, dass im Urtypus des süd- bzw. mittelburgenländischen Bauernhauses alle Räume nur von außen erschlossen wurden, springt die Traufe an der Hofseite hervor und überdacht die sogenannte „Gredn“: Dieser mit Stampflehm befestigte Weg entlang der Hausfassade ermöglichte dem Bauern die Erschließung der Räume des Wohntraktes und des Wirtschaftstraktes bzw. konnte der überdachte Raum auch als Arbeitsfläche verwendet werden. Im Nordburgenland wurde die innere Erschließung der Räume schon seit jeher durch die sogenannte „Labm“ (Laube) ermöglicht. Daher kam es hier nicht zu einer Ausprägung einer Gredn im Blockbau, später zeigt sie sich jedoch im ganzen Burgenland.

Bauernhaus im Freilichtmuseum Bad Tatzmannsdorf, Gredn markiert, 2013
Gredn mit Grednbaum, Gerersdorf 2013

Historische Hofarchitektur im Südburgenland – Allgemeines zur baulichen Form

Generelles Erscheinungsbild

Die Häuser des Burgenlands gehören der Gruppe der außer-alpinen Höfe an, welche – im Gegensatz zu den alpinen Höfen – durch die geschlossene Verbauung der Dörfer geprägt sind. D.h.: die Höfe haben immer Rücksicht auf den danebenliegenden Hof zu nehmen und die Gefahr eines Großbrandes ist höher. Diese geschlossene Dorfstruktur ist eines der wesentlichen Gestaltungsmerkmale burgenländischer Dörfer.

z.B.: Schützen am Gebierge verdeutlicht dies sehr schön: https://www.schuetzen-am-gebirge.at/

Es gab aber auch Mischformen z.B.: die südburgenländischen „Berglerhäuser“, welche meist etwas abseits auf einem Hügel standen, d.h. nicht in einer geschlossenen Dorfstruktur integriert waren.

Die für das Burgenland typischen Haustypen sind der Streckhof, der Hakenhof, der Zwerchhof Zwerchhof kommt von „Zwerch-umi“ bauen, was meint, dass man noch Räume an die Toreinfahrt anschließend gebaut hat  und der Drei- bzw. Vierseithof. Diese bauten waren früher aufgrund der Baumaterialien und – techniken immer ebenerdig. siehe s.26 in Burgenland, Bau- und Wohnkultur im Wandel, Vera Mayer, Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, 1993, Natürlich wurde der Dachboden aber als Lagerfläche genutzt.

Hofformen im Südbgld

Bei dem Streck- und Hakenhof ist i.d.R. die Giebelseite Schaufassade, da diese durch die Bauweise die von der Straße ersichtlichste Fläche ist. Diese Typen nennt man auch Giebelfrontenhaus, da der Giebel der Hauptseite (i.d.R Straßen-zugewandte Seite) die Front des Hauses bildet.

Streckhof in Oberwart, aufgenommen 2016 – ein typisches Giebelfrontenhaus

Historische Hofarchitektur im Südburgenland – Entwicklung zum prachtvollen Bauerhaus

Beginnen möchte meine Blogeinträge zu diesem Thema mit der historischen Entwicklung vom einfachen funktionsgebundenen Bauernhaus zum prächtigen geschmückten („städtischen“) Hof.

Das Bauernhaus vor 1848

Das Bauernhaus vor 1848 war meistens in Holz-Block- oder Lehmbauweise  ausgeführt.

Leider führten Großbrände, zusammen mit der neuzeitlichen Demolierung alter Bauernhöfe, dazu, dass wir heute – bis auf einige Vorratsbauten im ländlichen Bereich (sogenannte „Kittinge“, z.B.: in Unterschützen) und Weinstöcke (z.B.: in Heiligenbrunn)) – fast keine bäuerliche Bauten vor dem 19JH mehr im Südburgenland in situ finden. Ein paar Blockbauten dieser Zeit wurden vor der Demolierung jedoch in Freilichtmuseen transloziert und lassen uns so einen Blick in die Vergangenheit werfen. (z.B.: Freilichtmuseum Bad Tatzmannsdorf, Freilichtmuseum Gerersdorf und im Österreichischen Freilichtmuseum in Stübing in der Steiermark finden sich einige verbliebene Bauten).

Typisches Bauernhaus im Freilichtmuseum Bad Tatzmannsdorf 2013, bis ins 19 Jh. verbreitet, Blockbau
Das „Berglerhaus“ im Freilichtmuseum Stübing aus Neustift bei Güssing
Diese Gebäude hatten primär Schutzfunktion. Dekor am Haus selbst gab es sehr selten – und wenn, dann nur dezent und immer der Funktion untergeordnet.
Holz konnte man durch Schnitzen oder Sägen sehr einfach in schöne Formen bringen. In den erhaltenen Bauten jener Zeit findet man jedoch höchstens eine schöne Zimmermannsrosette oder eine Jahrezahl am „Durchzugsbaum“ (großer zentraler Holzträger) im Inneraum. Der Außenraum wurde vom recht vergänglichen Lehm mit Kalkbestrich dominiert, daher war es hier sinnlos, sich in Verzierungen zu bemühen.
Jahreszahl in einem von mir besuchten Hof
Somit galt dem Inventar dieser Häuser in Form kunstvoll verzierter Möbel die volle Aufmerksamkeit.

Foto: Einrichtung Stübing „Berglerhaus“

Die sogenannte Volkskunst wurde vom Bauern weitgehend selbst erledigt. Im Winter
fand man genügend Zeit, sich mit Schnitzereien, Malereien und Ähnlichem zu beschäftigen.

Diese Form des Dekors war also sehr introvertiert und hatte nach Außen überhaupt keine repräsentative Wirkung. Ein Schmuck am eigenen Haus in Form von Bemalung oder Ornamenten war mit den damaligen Mitteln nur schwer umsetzbar.

Natürlich glich so ein Haus damit dem Anderen. Verstärkt duch das „weissen“ (mit Kalkmilch eingelassene Fassade) entstand ein extrem homogenes Dorfbild, wo einzig die Naturfarben der Materialien Holz, Stroh und Kalk das äußere Erscheinungsbild prägten. (Sicherlich gab es hier aber auch ein paar Ausreißer, zb hölzenern Giebel der Häuser in Göcsej, nahe der burgenländische Grenze in Ungarn, wurden bereits früh bemalt.)

Die örtliche Kirche ragte aus dieser Masse heraus. Ihr kam die Rolle des architektonischen Schmuckträgers der Dorfgemeinschaft zuteil. Sie musste daher besonders prachtvoll gestaltet sein. Neben diesen Kirchen gab es auch noch Schlösser und Gutshöfe. In ihrem Umfeld kam es nach und nach zu einer Zunahme nicht-bäuerlicher Bevölkerung. Die Zugezogenen bekamen Grund und Boden von der Grundherrschaft, sodass es ihnen möglich war, eigene Häuser (Huldenhäuser, Kurialhäuser – z.B.: in Eisenstadt 1841), zu errichten. Die bäuerliche Baukunst des Burgenlandes, Reinhold Harlfinger, Dissertation TU Wien, 1978, S. 12 Aufgrund dieser Privelegien konnte diese Bevölkerungsgruppe bereits früh „städtischere“ Architekur nachahmen, der Bauernschaft war dies jedoch noch fern.

Historische Hofarchitektur im Südburgenland

Während meines Architekturstudiums hatte ich die Möglichkeit, viel über die historische Architektur meiner südburgenländischen Heimat zu recherchieren. So entstanden zwei umfangreiche Arbeiten, welche ich beide unter der Aufsicht von Ao.Univ.Prof.i.R. Dipl.-Ing. Dr.techn. Erich Lehner erstellte. Die Arbeit unter Erichs Aufsicht zählt mit zu meinen schönsten Erinnerungen an mein Architekturstudium.

In der einen Arbeit beleuchte ich den Umgang des Denkmalschutzes mit diesen Bauten, jedoch mit Fokus auf den verwendeten Baustoff Lehm, daher lautet der Titel auch „Denkmalschutz und Denkmalpflege von Lehmbauten im Südburgenland“ Institut für Baugeschichte, TU Wien, 2013

Die andere, während dem Master entstandende Arbeit widmet sich Optik dieser Höfe mit dem Titel “ Regionale Besonderheiten des Erscheinungsbildes und Dekors bäuerlicher Architektur im Südburgenland des 19. und 20. Jahrhunderts“ Institut für Baugeschichte, TU Wien, 2017

Trotz großen Umfangs stellen beide „nur“ einfache Seminararbeite dar und sind daher leider nicht öffentlich zugänglich.

In beiden Arbeiten habe ich noch bestehende Gebäude im Umland meines Heimatsortes Oberwart besucht und aufgenommen und mich intensiv mit passender Literatur beschäftigt.

Bereiste Orte

Natürlich konnte ich hierbei nur stichprobenartig vorgehen – ich denke aber ich habe einen guten Überblick über den aktuellen Stand dieser Bauwerke erhalten.

Da mich persönlich diese Thematik nie losgelassen hat und ich auch gerne  einen alten Hof adaptieren wollen würde sie wollen nicht zufällig Ihren Hof verkaufen? 😉 , dachte ich mir, ich arbeite diese Abhandlungen neu auf und stelle sie in weiterer Folge in Form einiger Beiträge auf diesem Blog sukzessive online. Leider unterliege ich im WorldWideWeb anderer Bildrechte als bei einer Studentenarbeit, somit muss ich auf ein paar Abbildungen verzichten.

Vielleicht stößt ja der ein oder andere Liebhaber einmal auf diese Seiten und erfreut sich meiner Recherchen. Vielleicht kann ich ja auch etwas dazu beitragen, diese Gebäude wertzuschätzen – leider viel zu oft verschwinden sie aus dem Ortsbild.

Ich würde mich über die Kontaktaufnahme Gleichgesinnter oder Besitzer solcher Höfe freuen!

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