Beim Zwerchhof, aber auch beim Drei- und Vierseithof ist die Torseite bzw. Straßenseite die Schaufassade – somit sind diese Typen sogenannte „Breitfassadenhäuser“, welche meist 5-8 Fensterachsen aufweisen. Diese „breite Fassade“ hat im Gegensatz zu den typischen Höfen in der benachbarten Steiermark, meistens eine durchgehende Traufe ohne Giebel.
Ein steirischer Vierseithof mit GiebelFalls jedoch ein Giebel vorhanden ist, ist er im Südburgenland (im Gegensatz zu der Steiermark) „abgeschopft“ und damit ein Trapezgiebel:
Die durchgehende Traufe ist bei weitem häufiger anzufinden. Dies war aber nicht immer der Fall, denn auch im Burgenland waren in der ersten Phase des Auftretens von Breitfassadenhäusern die Giebeldreiecke (oder Trapeze beim abgeschöpften) genauso sichtbar, wie in der Steiermark – Die durchgehende Traufe scheint die Giebel aber schließlich verdrängt zu haben. Burgenland – Bau- und Wohnkultur im Wandel,Vera Mayer, Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, 1993, S.47; Die bäuerliche Baukunst des Burgenlandes, Reinhold Harlfinger, Dissertation TU Wien, 1978, S. 54
Während meinen Rundfahrten fand ich auch Höfe mit durchgehender Traufe in der Steiermark, sodass hier keine klare Grenze erkennbar ist – vorherrschend waren aber die Bauten mit Dreiecksgiebel in der Oststeiermark.
Erwähnen will ich noch, dass es beim Dreiseithof auch eine Variante mit zwei
Giebelfronten gibt, wobei beide Giebelfronten als Schaufassadenflächen fungieren. Vor allem im Nordburgenland findet man diesen Typus noch heute häufiger, im
Südburgenland bevorzugte man die breite Fassade mit Tor. Burgenland – Bau- und Wohnkultur im Wandel, Vera Mayer, Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, 1993, S.20
In den Weinregionen wurde diese Variante durch den Einbau einer Mauer mit Tor
geschlossen. Auch in Ungarn, z.B.: in Ödenburg fand man diesen Typus. (Erwähnt soll hier das “ Zwei-Mohren-Haus“ in Ödenburg sein. Auch hier wurde der Hof durch ein Tor geschlossen, nach Harlfinger ist dieses Haus ein Vorbild für die barocken Giebel im Nordburgenland.)
https://www.visitsopron.com/de/details/zwei-mohren-haus
Der Wohlstand des Bauern spiegelte sich nicht nur in der Verzierung sondern auch in der Wahl der Hofform wieder. War genügend Platz vorhanden oder konnte man die
Nachbarparzelle erwerben, bevorzugte man die „Idealform“ eines Hofes mit breiter Straßenfassade – sei es in Form eines Zwerchhofes oder Vierseithofes. Ähnlich wie in Oberösterreich bei den berühmten Vierkanthöfen kommt dieser Form also ein Prestigegedanke zugegen. Johann R. Bünker zitiert Tobias Posch der meinte, dass „man von einem Hause, das nicht geschlossen ist, mit Geringschätzung sage, dass es nur ein halber Hof sei. Verfügt nun der Erbauer eines Hauses nicht über eine so große Summe Geldes, dass er sich gleich einen ganzen Hof aufführen lassen kann, so legt er sich sein Haus steht so, dass er es später einmal, wenn er dazu in der Lage ist, zu einem geschlossen Gehöfte ausbauen kann.“ Das Bauernhaus in der Heanzerei (Westungarn), Johann R. Bünker, Anthropologische Gesellschaft, Wien, 1895, S. 105-106
Der Ausbau vom schmalen Hof zur Breitfassade erfolgte also häufig schrittweise, so wurde in aufstrebenden Gemeinden (z.B.: am Neusiedlersee) um 1900 Giebelfrontenhäuser durch einen Zubau an der Straßenseite zu Breitfassadenhäusern umgewandelt. Auch wurden zwei Streckhöfe durch das Zusammenlegen zweier Parzellen so zusammengefasst. Die bäuerliche Baukunst des Burgenlandes, Reinhold Harlfinger, Dissertation TU Wien, 1978, S. 54
Sie erinnern damit an städtische Bürgerhäuser in geschlossener Bauweise, welche
als Vorbild dienten und gaben dem Dorf insgesamt ein städtisches Ansehen.
Diese Entwicklung führte auch zu einigen kuriosen überlangen Straßenfassaden am Anfang des 20. JH, welche an herrschaftliche Gutshöfe oder Pfarrhöfe erinnern – das „Querbauen“ als pures Prestige. Das extremste Beispiel hierzu findet sich in dem nachfolgend gezeigten Gasthof in Rudersdorf- die längste Schaufassade im Südburgenland. Dem Anspruch gerecht wurde ein Wiener Baumeister engagiert, der die nötigen Formen für die Stukkatur aus Wien mitbrachte. Burgenland – Bau- und Wohnkultur im Wandel,Vera Mayer, Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien, 1993, S.44
Im Gegensatz zu den städtischen Bürgerhäuser bzw. den barocken Bürgerhäuser der durch den Weinhandel reich gewordenen Märkte, welche bereits um 1600 errichtet wurden, waren diese Bauten bis auf wenige Ausnahmen aber ebenerdig.
Ermöglicht wurde dieser Typ durch eine weniger brandgefährdete Dachkonstruktion aus Ziegel, da der Abstand zum Nachbar verkürzt werden konnte, ohne die Gefahr eines Brandüberschlags stark zu erhöhen. Auch ist Umsetzung mit massiven Wänden aus Ziegel wesentlich leichter umzusetzen als noch im Blockbau, welcher durch die Länge der Hölzer limitiert wurde.