Historische Hofarchitektur im Südburgenland – Entwicklung zum prachtvollen Bauerhaus

Beginnen möchte meine Blogeinträge zu diesem Thema mit der historischen Entwicklung vom einfachen funktionsgebundenen Bauernhaus zum prächtigen geschmückten („städtischen“) Hof.

Das Bauernhaus vor 1848

Das Bauernhaus vor 1848 war meistens in Holz-Block- oder Lehmbauweise  ausgeführt.

Leider führten Großbrände, zusammen mit der neuzeitlichen Demolierung alter Bauernhöfe, dazu, dass wir heute – bis auf einige Vorratsbauten im ländlichen Bereich (sogenannte „Kittinge“, z.B.: in Unterschützen) und Weinstöcke (z.B.: in Heiligenbrunn)) – fast keine bäuerliche Bauten vor dem 19JH mehr im Südburgenland in situ finden. Ein paar Blockbauten dieser Zeit wurden vor der Demolierung jedoch in Freilichtmuseen transloziert und lassen uns so einen Blick in die Vergangenheit werfen. (z.B.: Freilichtmuseum Bad Tatzmannsdorf, Freilichtmuseum Gerersdorf und im Österreichischen Freilichtmuseum in Stübing in der Steiermark finden sich einige verbliebene Bauten).

Typisches Bauernhaus im Freilichtmuseum Bad Tatzmannsdorf 2013, bis ins 19 Jh. verbreitet, Blockbau
Das „Berglerhaus“ im Freilichtmuseum Stübing aus Neustift bei Güssing
Diese Gebäude hatten primär Schutzfunktion. Dekor am Haus selbst gab es sehr selten – und wenn, dann nur dezent und immer der Funktion untergeordnet.
Holz konnte man durch Schnitzen oder Sägen sehr einfach in schöne Formen bringen. In den erhaltenen Bauten jener Zeit findet man jedoch höchstens eine schöne Zimmermannsrosette oder eine Jahrezahl am „Durchzugsbaum“ (großer zentraler Holzträger) im Inneraum. Der Außenraum wurde vom recht vergänglichen Lehm mit Kalkbestrich dominiert, daher war es hier sinnlos, sich in Verzierungen zu bemühen.
Jahreszahl in einem von mir besuchten Hof
Somit galt dem Inventar dieser Häuser in Form kunstvoll verzierter Möbel die volle Aufmerksamkeit.

Foto: Einrichtung Stübing „Berglerhaus“

Die sogenannte Volkskunst wurde vom Bauern weitgehend selbst erledigt. Im Winter
fand man genügend Zeit, sich mit Schnitzereien, Malereien und Ähnlichem zu beschäftigen.

Diese Form des Dekors war also sehr introvertiert und hatte nach Außen überhaupt keine repräsentative Wirkung. Ein Schmuck am eigenen Haus in Form von Bemalung oder Ornamenten war mit den damaligen Mitteln nur schwer umsetzbar.

Natürlich glich so ein Haus damit dem Anderen. Verstärkt duch das „weissen“ (mit Kalkmilch eingelassene Fassade) entstand ein extrem homogenes Dorfbild, wo einzig die Naturfarben der Materialien Holz, Stroh und Kalk das äußere Erscheinungsbild prägten. (Sicherlich gab es hier aber auch ein paar Ausreißer, zb hölzenern Giebel der Häuser in Göcsej, nahe der burgenländische Grenze in Ungarn, wurden bereits früh bemalt.)

Die örtliche Kirche ragte aus dieser Masse heraus. Ihr kam die Rolle des architektonischen Schmuckträgers der Dorfgemeinschaft zuteil. Sie musste daher besonders prachtvoll gestaltet sein. Neben diesen Kirchen gab es auch noch Schlösser und Gutshöfe. In ihrem Umfeld kam es nach und nach zu einer Zunahme nicht-bäuerlicher Bevölkerung. Die Zugezogenen bekamen Grund und Boden von der Grundherrschaft, sodass es ihnen möglich war, eigene Häuser (Huldenhäuser, Kurialhäuser – z.B.: in Eisenstadt 1841), zu errichten. Die bäuerliche Baukunst des Burgenlandes, Reinhold Harlfinger, Dissertation TU Wien, 1978, S. 12 Aufgrund dieser Privelegien konnte diese Bevölkerungsgruppe bereits früh „städtischere“ Architekur nachahmen, der Bauernschaft war dies jedoch noch fern.

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