Historische Hofarchitektur im Südburgenland – Entwicklung zum prachtvollen Bauerhaus

Das Bauernhaus nach 1848

Die politischen und sozialen Umstände nach 1848

Zuerst müssen die Umstände erläutert werden, welche „prestige-trächtige“ Höfe im Burgenland überhaupt ermöglichten:

Nachdem verheerende Großbrände (z.B.: in Mörbisch 1857, in Pöttsching 1872, in Pilgersdorf 1855, in Pinkafeld 1815, 1817 und 1827 und in Jabing 1868 bzw 1879 – bei Letzterem wurden in Jabing 82 von 100 Häusern eingeäschert) Österreichische Kunsttopographie, Band XXVI, Volkskunde des Burgenlandes, Arthur Haberlandt, S.8 die Ortschaften verwüsteten, verwundert es nicht, dass viele Obrigkeitsentscheidungen im damaligen Burgenland den Brandschutz betrafen. Der Wiederaufbau musste unter strengeren Brandschutzauflagen erfolgen, z.B.: musste das Strohdach nach und nach dem Ziegeldach weichen  Brandschutz und Feuerwehrverein in der jüdischen Gemeinde von Maddersdorf/Matterburg, BgldHbII, Heft 3, Michael Martischnig, 1984, S.102 und auch Rauchfänge mussten nun gemauert ausgeführt werden. Currenzprotokollbuch Stöttera, 1822, XII 6; Harald Prickler, ALB III/1, 1981, S, 694

Diese Vorschriften verdrängte gewisse Bauformen vom Land und es wurde Raum für eine neue Architektur geschaffen. Auch benötigte die neue „städtische Architektur“ das Material Ziegel. Daher war die Freigabe von Ziegel für das nicht-adelige Volk durch die Obrigkeit ein entscheidender Faktor für eine neue bäuerliche Architektur. (Aufhebung der herrschaftlichen Ziegelpatente durch Josef II.) Das Bauernhaus in Oberschützen im 19. Jahrhundert und dessen Bedeutung in der Bauernhausforschung, Wolfgang Komazk, Schriftenreihe der Uhrenstube Aschau, Heft 1 2008, S.15

Auch die politischen Veränderungen führten zu immensen Umwälzungen:
Das Revolutionsjahr 1848 befreite den Bauern aus Jahrhunderte-langer Untertänigkeit – aber statt eines Aufschwungs des Kleinbauers folgte häufig ein jäher Fall: Dem unerbittlichen Konkurrenzkampf der freien Marktwirtschaft konnten viele Bauern nicht standhalten. Zusätzlich mussten sie sich auch erst für einen Erlös vom Grundherren loskaufen, wovon nur die Hälfte vom Staat übernommen wurde. Die andere Hälfte konnten sich aber nicht alle Bauern leisten. Daher wurden oft Hypotheken aufgenommen und in bitterlicher Armut ums Überleben gekämpft. Oder man verkaufte den Hof, da man sich in der Stadt oder im Ausland mehr erhoffte. So wurden im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts in Österreich mehr als 55.000 Bauernhöfe versteigert und über 180.000 ländliche Anwesen zwangsversteigert. Das Dorf in Österreich, Gerhard Stenzel, S.8

Die Bauernbefreiung 1848 führte daher zu einer Umverteilung der Besitzstrukturen, was ein ganz wesentlicher Grund für die bekannte burgenländische Amerikaauswanderung war und gleichzeitig den Austausch der alten Bausubstanz anregte.

Gewinner dieser Umstände waren die Großbauern, oft gebildete Menschen, die zusammen mit den Pfarrern die neue Oberschicht der freien Ortsgemeinden bildeten.

Diese hatten aber nun Identifikationsproblem: Waren sie ja über Generationen hinweg verpflichtet, ihrem Herren zu dienen, waren sie nun plötzlich Herren über sich selbst.
Dieses Identifikationsproblem versuchten sie durch die Gestaltung ihrer Heime zu überwinden – diese sollten nicht nur dazu dienen, ihren neuen Status für jeden sichtbar zu festigen, sondern sollten den Bauern auch eine neue Identifikation geben:
Die eines gleichberechtigten Bürgers.

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